Stadt Heilbronn investiert in KFZ-Parkplatz-Such-KI
04. April 2023
Schneller zum Parkplatz dank schlauer Maschinen
Stadt Heilbronn investiert in KFZ-Parkplatz-Such-KI
„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass hinter der nächsten Ecke der ersehnte freie Parkplatz liegt?“ So beginnt eine städtische Pressemitteilung von Mitte März. Tatsächlich will die Stadt Heilbronn mit dem vorgeblich „innovativen, vom Land geförderten Datenprojekt DaMaSt (Datenbasiertes Management im Straßenraum) der Antwort auf diese und weitere Fragen rund um das Thema Mobilität näher kommen.“
In einem ersten Teilprojekt entwickelt sie dafür mit dem Stuttgarter Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation – einem Ableger der in München ansässigen Fraunhofer-Gesellschaft – eine Künstliche Intelligenz, die (unter anderem) freie Parkplätze voraussagen soll.
„Smartes Parkraum-Management in Heilbronn ist nur noch eine Frage der Zeit“, freuen sich die Verantwortlichen der Stadt. Und betonen: „Die Bündelung von Daten macht Mobilitäts-Management nachhaltiger.“ Wow, klingt gut! Wieder ein Problem weniger. Wann ist es denn so weit? „Die Basis dafür sind größtenteils bereits vorhandene Mobilitäts- und Parkdaten, die im Rahmen des Teilprojekts Parkko analysiert werden. Eine Zusammenführung von Daten aus verschiedensten Bereichen und deren Prüfung auf ihre Qualität und ihren Standard münden in die gezielte Feststellung, welche Datenbestände für ein intelligentes Mobilitäts-Controlling geeignet sind. So könnte zukünftig das Ver-kehrs- und Mobilitäts-Management einfacher gestaltet und ein ganzheitliches Parkraum-Management ermöglicht werden.“ Hm, das klingt ja ganz schön kompliziert. Vielleicht, damit der eingebaute Konjunktiv „könnte“ nicht so auffällt.
Sollte dieser Konjunktiv im Verlauf der Sammlung und Prüfung gegebener Daten wunschgemäß das Zeitliche segnen, dann wird es erst richtig interessant.
Denn „im nächsten Schritt wird ein KI-gestützter Algorithmus entwickelt, der auf die Daten zurückgreift und so die Parkraum-Verfügbarkeit im Straßenraum prognostiziert. Dabei spielen Faktoren wie Rückmeldungen von Induktionsschleifen an Straßenkreuzungen, KFZ-Zulassungszahlen, Veranstaltungen und häufig besuchte Orte im Umfeld eine Rolle. Um zu messen, wie präzise die Künstliche Intelligenz tatsächlich arbeitet, sollen Sensoren angebracht werden, welche die tatsächliche Belegung der Parkplätze messen.“ Aber hallo! Wenn so viele Daten im Spiel sind, kann ja nichts mehr schiefgehen. Die KI wird begeistert sein und mit ihr alle am Projekt Beteiligten.
„Wenn sich im Zuge des Projekts zeigt“, so verheißt die Pressemitteilung im Fortlauf, „dass der Algorithmus zuverlässig funktioniert, könnte dies weitreichende Auswirkungen auf die Mobilität in Heilbronn haben: So könnten der Parksuchverkehr deutlich reduziert werden, der Ausbau von E-Ladeinfrastruktur ließe sich gezielter optimieren und Mikro-Mobilitätsangebote, also beispielsweise E-Scooter, könnten am jeweils optimalen Ort angeboten werden. Auch der Bedarf an kostspieligen Sensoren würde deutlich sinken.“
Aha. Alles wird folglich gut, wenn die KI nicht doofer ist als angenommen. Die vermehrte Verwendung des Konjunktivs immerhin lässt aufhorchen. Warum darüber hinaus der Bedarf an Sensoren sinkt, wenn man – siehe weiter oben – Sensoren braucht, „um zu messen, wie präzise die Künstliche Intelligenz tatsächlich arbeitet“, ist nicht auf Anhieb zu verstehen. Vielleicht mal eine KI fragen.
War es das mit schöner, neuer KI-Welt? Nein, wenn schon, denn schon: „Ein zweites Teilprojekt der Stadt konzent-iert sich auf die Einführung einer Software, die zukünftig eine Vielzahl von Aktivitäten rund um die Erfassung, Optimierung und Verwaltung von städtischen Straßenflächen zusammenfasst. Sperr-, Park- und Parkverbotszonen könnten so individuell nach tatsächlichem Verkehrsauf-kommen eingerichtet werden. Beschwerden oder Ver-kehrsverstößen, beispielsweise im Zusammenhang mit Sharing-Angeboten, ließe sich schneller auf den Grund gehen.“ Soso, ein bisschen Überwachung und Kontrolle liefert die KI gleich mit. Praktisch. Dann können sich die Kontrolleur*innen, die bisher Falschparkende aufgeschrie-ben haben, künftig anderen Aufgaben widmen. Oder den Beruf wechseln.
Gefördert wird das Projekt zu 50 % vom Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. Die im Projekt erschlosse-nen Daten werden der landesweiten Mobilitätsdaten-Plattform „MobiData BW“ unter einer Open-Data-Lizenz zur Verfügung gestellt. Dies biete, so der Schlusssatz der Pressemitteilung, „die Chance, zukünftige Apps, Auskunftssysteme oder andere Mobilitäts-Innovationen zu entwickeln und so die Mobilitätswende voranzutreiben.“
Sie mutmaßen, bei diesem Artikel könne es sich um einen verspäteten Aprilscherz handeln? Schön wär‘s. Wird dieses Vorhaben dazu beitragen, das Verkehrsaufkommen in der Innenstadt zu reduzieren? Geht es tatsächlich darum, Lärm und Abgase zu minimieren? Nein, nein und nochmal nein. Nähme man Begriffe wie „ganzheitlich“ und erst recht „Mobilitätswende“ ernst, dann würde man darüber nachdenken, wie man Autos aus dem städtischen Straßenbild entfernt und Fußgänger*innen und Rad fahrende priorisiert. Dafür braucht es keine KI, sondern Verstand und Weitsicht. Und ein paar neue Schilder. Städte wie Paris, Oslo, Barcelona und Wien machen es vor, Stadtplaner*innen unter anderem in Bremen, Hamburg und Köln nehmen sich ein Beispiel.
Bleibt zu hoffen, dass die dezent eingestreuten Konjunktive ihre volle Wirkung entfalten und das schön-geredete Projekt beizeiten unter einem großen Haufen Datenmüll begraben wird. Die gekünstelte Trauerrede darf dann gerne eine KI halten. Amen.
Text: Pressestelle Stadt Heilbronn / Redaktion